Passionsandacht 2/8
Jesus nimmst sein Kreuz auf sich
Bibeltext:
20 Nachdem sie ihn so verspottet hatten,
zogen sie ihm den purpurroten Mantel aus
und seine eigenen Kleider wieder an.
Dann führten sie Jesus aus der Stadt,
um ihn zu kreuzigen.
Die Bibel berichtet von einer sehr grausamen Prozedur die an Jesus vollzogen wird. Der Evangelist Matthäus schildert die Verspottung (vgl. Mt 27,28-31). Sie zogen Jesus nackt aus, wodurch damals deutlich gemacht wurde, dass ein solcher Mensch seine Ehre verloren hat. Danach zogen sie ihm einen roten Mantel an, ein Kriegsmantel wie ihn die Soldaten getragen haben. Die Macht der menschlichen Gewalt kommt somit über ihn. Der Mantel erinnert aber auch an die Scharlachfarbe der Ausstattung der Stiftshütte und damit an die Dimension der Erlösung. Eine dritte Dimension erinnert an die apokalyptische Komponente, in der eine Frau auf einem scharloachroten Tier erscheint und ein Zeichen ist für den Aufruhr gegen das Heilige (vgl. Offb 17,3.4) (Gerhard Maier).
In dieser biblischen Schilderung stecken komplexe Zusammenhänge. Aber für mich als „Normalo“ ist die Erzählung von Bedeutung, weil sie davon erzählt, dass Gottes Liebe zu den Menschen ihn dazu bewegt, bis ans Äußerste zu gehen. Der Leidensweg Jesu ist eine Demonstration für die unendliche Weite und Tiefe seiner Liebe. Anders hätten wir und könnten wir sie vermutlich nicht begreifen. Ein seltsames Geheimnis und man kann auch verstehen, dass einige Menschen mit diesen biblischen Bildern des Kreuzestodes ihre Probleme haben: „Wie kann ein Gott so etwas tun?“
Aber wir sehen hier zwei Dinge. Erstens, demonstriert Gott mit diesem Weg, dass er bis ans Äußerste geht, damit der Mensch Gottes Liebe nicht als etwas moderates abtun kann. Gottes Liebe ist etwas, das uns alle angeht. Zweitens, erinnert es uns daran, dass unser Leben nicht davon befreit ist, dass es von unangenehmen Dingen durchkreuzt werden kann. Wer hat es selbst nicht schon erlebt? Eine Trennung? Ein Todesfall? Der Verlust der Arbeitsstelle? Eine schwer anzunehmende Diagnose? In Christus haben wir einen Gott und Beistand, der sehr gut mitfühlen kann, wenn das Unheil einem auf die Schulter gelegt wird. Er wird uns stärken (vgl. Jes 41,10).
Gebet:
Jesus, ich danke Dir, dass du für mich und die ganze Welt ans Äußerste gegangen bist. Dein Beweggrund? Liebe! Das werde ich wohl nie voll und ganz begreifen können. Aber sie ist es, die mich in schweren Zeiten an deinen Zusagen festhalten lässt. Stärke mich, wenn ich das Gefühl habe, das Unheil mich niederdrückt, meine Sorgen zu schwer werden und die Angst mich überwältigt. Sei du auch bei allen, die irgendwo auf der Welt unter Gewalt, Ausbeutung, Hunger, Ungerechtigkeit, Kriegen und familiären Dragödigen leiden. Trage sie durch diese Zeit.
BasisBibel: Altes und Neues Testament (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2021), Mk 15,20.
*inspieriert durch: Dieser Weg. Gedanken und Gebete zur Passion in 12 Stationen. Stiftung Marburger Medien, 2016.