Passionsandacht 1/8
Der Weg zum Kreuz ist nicht irgendein Weg. Es ist ein Weg der uns alle angeht. In Bezug auf Ewigkeitsthemen, aber auch unseren Alltag betreffend. Sich auf den Weg Jesu einlassen, heißt nicht nur Karfreitag vor Augen zu haben, sondern in „diesem Weg“ können wir auch unseren eigenen Lebensweg entdecken und erspüren und erfahren, dass Gott uns nicht alleine lässt. Daher ist es gut, dass man sich in der Passionszeit bewusst, auf den Leidensweg einlässt und offen bleibt, dass Gott unser Herz berührt.
Jesus wird verurteilt
1 Früh am Morgen fiel die Entscheidung über Jesus.
Alle führenden Priester und Ratsältesten des Volkes
fassten den Beschluss:
Jesus soll hingerichtet werden.
2 Sie ließen ihn fesseln, führten ihn ab
und übergaben ihn dem römischen Statthalter Pilatus.19 Während er noch auf dem Richterstuhl saß,
ließ ihm seine Frau ausrichten:
»Tu diesem Menschen nichts an! Er ist ein Gerechter.
Seinetwegen hatte ich heute Nacht einen Albtraum.«BasisBibel: Altes und Neues Testament (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2021), Mt 27,1–2+19.
Was für eine Szene die wir hier im Matthäusevangelium vorfinden. Was für ein dramaturisches Schauspiel und doch harte Realität im Leben der damaligen Menschen. Hier wird ein Mensch zur Hinrichtung verurteilt, ohne, dass ihn ein Verbrechen angehängt werden kann. Pilatus vollstreckt hier den Willen des Volkes. Ein Wille aus Neid und egositischen Beweggründen. Ein Unschuldiger soll des Todes sterben und an ihm soll die eigene Unfähigkeit, die eigenen inneren Dynamiken und Unstimmigkeiten, sowie der egoistische Unglaube des Volkes selbst sein Ausgleich finden. Neid, Wut, Zorn, Eifersucht, Gesetzlichkeit sind bei den Menschen die tragenden Antreiber, um mit Gewalt auf den zu reagieren, der Gottes Gute Nachricht und neue Welt angekündigt hat. Wie blind muss man sein…
Und dann wird da eine Person erwähnt, die im Getöse des ganzes Trubels fast unterzugehen scheint. Die Frau von Pilatus. Sie erhob ihre Stimme: »Tu diesem Menschen nichts an! Er ist ein Gerechter.
Seinetwegen hatte ich heute Nacht einen Albtraum.« (V. 19). Sie kann uns daran erinnern, dass es zu allen Zeiten, eine kleine Gruppe gab, die ihre Stimme gegen die Ungerechtigkeit und das Übel in der Welt erhob. Es erinnert uns aber auch, dass viele dieser Stimmen, doch kein Gehör fanden und finden. Auch wir sind von diesem Spannungsfeld nicht entlastet. Auch wir dürfen und sollten uns für das Gute einsetzen, in dem wir unsere Stimme erheben und darüber hinaus dagegen angehen, indem wir uns für das Gute einsetzen. Aber oft fehlt uns der Mut. Wir sind reich an Angst. Wir passen uns an, damit wir nicht auffallen und Gegenwind ernten. Das Evangelium ist aber eine Nachricht, die Licht schafft dort, wo es dunkel ist. Es bringt Hoffnung, Zuversicht und den Glauben, dass Dinge sich ändern sollten und könnten. „Ihr seid das Licht der Welt“ sagt Jesus. Licht erfüllt seinen Zweck, wenn es sich dem Übel annimmt und das erleuchtet, was die Dunkelheit zu umschließen versucht.
Gebet:
Liebender und himmlischer Vater, danke, dass ich als geliebtes Kind des Lichts dir nachfolgen darf. Danke, dass ich im Licht des Evangeliums selbst das Leben erfahren darf, was du uns verspichst. Bitte hilf mir, als dein Kind des Lichts, dort ein Segen zu sein, wo Hass, Eifersucht, Zorn und Ungerechtigkeit und die herbeikommende Dunkelheit den Menschen das wahren Leben nehmen möchte. Lass mich keine stille Nummer sein, sondern eine Stimme, die sich einsetzt für das Gute, Wohlgefällige und Vollkommende. Amen.
*inspieriert durch: Dieser Weg. Gedanken und Gebete zur Passion in 12 Stationen. Stiftung Marburger Medien, 2016.